Die Elektrotherapie ist ein bewährtes Verfahren innerhalb der physikalischen Therapie. Sie dient der Muskelentspannung, der Förderung der Durchblutung und der Linderung von Schmerzen. Dieser Beitrag gibt einen strukturierten Überblick über die verschiedenen Anwendungsformen und physiologischen Wirkungen der Elektrotherapie.

Entstehung der Elektrotherapie
Erste medizinische Anwendungen elektromagnetischer Wechselfelder sind bereits ab 1764 dokumentiert. Der deutsche Naturforscher Christian Gottlieb Kratzenstein erkannte früh die Wirkung elektrischer Ströme auf den menschlichen Körper. Strom wurde zunächst vor allem zur Behandlung von Lähmungen eingesetzt, in der Annahme, dass „gestaute Körpersäfte“ mobilisiert und Heilungsprozesse beschleunigt würden. Die Therapieerfolge blieben jedoch begrenzt, und es kam zu unerwünschten Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen. Darüber hinaus fand Stromanwendung auch in äußerst fragwürdigen Behandlung psychischer Erkrankungen Verwendung.
Wirkmechanismen der Elektrotherapie auf den Körper
Heute sind die Effekte elektrischer Ströme auf den Organismus deutlich besser erforscht. In der modernen Elektrotherapie werden Gleich- und Wechselströme gezielt eingesetzt – entweder über Elektroden auf der Haut oder über Wasserbäder.
Zu den typischen Einsatzbereichen zählen:
- Schmerzen im Muskel- und Gelenkapparat
- Durchblutungsstörungen
- Muskelschwund bei chronischen Erkrankungen, nach Unfällen oder bei Schädigungen des peripheren Nervensystems
- Lähmungen
- Chronisch-entzündliche Prozesse
- Nicht aktivierte Arthrose
- Muskelschmerz-Syndrome (Myalgien)
- Inkontinenz durch Schwäche der Beckenbodenmuskulatur
Formen der Elektrotherapie
In der physikalischen Therapie wird zwischen verschiedenen Formen der Elektrotherapie unterschieden.
Gleichstromtherapie (Galvanisation)
Bei der Galvanisation wird Gleichstrom eingesetzt, um die Gefäßnerven zu stimulieren. Dadurch werden körpereigene gefäßerweiternde Substanzen freigesetzt, die die Durchblutung von Haut und Muskulatur steigern können. Die Anode wirkt dabei schmerzlindernd, während die Kathode aktivierend wirkt. Insgesamt zeigt sich eine regulierende Wirkung auf den Muskeltonus.

Niederfrequenztherapie (bis zu 1000 Hz)
Hier kommen Impulsströme mit variierender Frequenz zum Einsatz. Im niedrigeren Frequenzbereich wird die Durchblutung angeregt und der Lymphfluss verbessert. Höhere Frequenzen wirken vor allem schmerzlindernd und entzündungshemmend. Ein bekanntes Verfahren innerhalb dieses Spektrums ist die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), häufig verwendet bei chronischen Schmerzsyndromen.
Mittelfrequenztherapie (1 bis 100 kHz)
Mittelfrequente Wechselströme wirken besonders tief ins Gewebe hinein. Sie fördern den Muskelstoffwechsel und steigern die muskuläre Ausdauer. Diese Methode wird häufig zur Behandlung von Muskelverspannungen und -schwächen eingesetzt.
Hochfrequenztherapie (über 100 kHz)
Hochfrequente Anwendungen erzeugen eine Erwärmung des Gewebes, was den Muskelstoffwechsel aktiviert und Heilungsprozesse unterstützt. Die entspannende Wirkung auf die Muskulatur steht im Vordergrund.
Ultraschalltherapie
Bei der Ultraschalltherapie werden mechanische Schwingungen (meist um 1 MHz) durch einen Schallkopf auf das Gewebe übertragen. Diese Schwingungen erzeugen eine Tiefenwärme ohne spürbare Vibration. Typische Effekte sind:
- Schmerzlinderung, insbesondere bei Gelenkverschleiß und Wirbelsäulenproblemen
- Verbesserung der lokalen Durchblutung
- Anregung des Stoffwechsels

Risiken und Kontraindikationen
Obwohl Elektrotherapie in vielen Bereichen wirksam eingesetzt wird, sind bestimmte Risiken zu beachten. Mögliche Nebenwirkungen sind:
- Hautverätzungen
- Verbrennungen
- Herzrhythmusstörungen
- Sensibilitätsstörungen
- Stromunverträglichkeiten
Wichtig ist, dass Elektrotherapie nicht im Bereich des Herzens angewendet wird. Bei Trägern von Herzschrittmachern oder metallischen Implantaten sind spezielle Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Insbesondere niederfrequente Anwendungen oder strombasierte Wärmetherapie sind im Bereich metallischer Implantate kontraindiziert. Auch bei offenen Wunden, entzündeten Hautarealen oder Druckstellen ist auf eine Anwendung zu verzichten.