Über das Dehnen kursieren viele Fragen: Soll vor oder nach dem Training gedehnt werden? Hat dehnen Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit im Sport? Verhindert Dehnen einen Muskelkater? Beugt es Verletzungen vor? Diesen und vielen weiteren Unklarheiten wollen wir auf den Grund gehen!

Das passiert beim Dehnen mit den Muskeln
Beim Stretching wird der Muskel inklusive der Faszien isoliert Auseinandergezogen. In die Länge ziehen wäre an dieser Stelle nicht ganz treffend, denn der Ansatz und Ursprung des Muskels entfernen sich voneinander. Beim Anspannen des Muskels geschieht genau das Gegenteil: Die beiden Muskelenden, auch Muskelspindeln genannt, nähern sich an.
Durch regelmäßiges Stretching wird der Muskel übrigens nicht länger, jedoch flexibler. Es lässt sich schrittweise leichter auseinanderziehen und gelangt dann wieder in seine Ausgangsform zurück.
Gut zu wissen: Unterschied Dehnen, Stretching, Mobilisation Dehnen wird in der Regel gleichgesetzt zum englischen Begriff Stretching. Mobilisation bzw. das Beweglichkeitstraining dagegen geht eine Stufe weiter und gilt als ganzheitlicher Ansatz. Beim Mobilisieren wird gedehnt und zusätzlich werden die Gelenke in ihrem vollen Bewegungsspielraum genutzt.
Effekte des Dehnens
Dem Dehnen werden die folgenden positiven Effekte nachgesagt:
- Höhere Beweglichkeit und Balancefähigkeit
- Bessere Durchblutung des Muskels und damit optimierte Nährstoff- und Sauerstoffversorgung
- Ausgeglicheneres, bewussteres Körpergefühl und damit ein gesteigertes allgemeines Wohlbefinden
- Verbesserte Entspannungsfähigkeit des Muskels
- Beschleunigte Regeneration des Muskels nach Muskelarbeit
Beim Thema Stretching zur Verletzungsprävention und Vorbeugung von Muskelkater gehen die Lehrmeinungen stark auseinander. Lange glaubte man Dehnen verhindere all das, jedoch konnten die Effekte bisher nicht eindeutig belegt werden.
Eine tatsächliche Leistungssteigerung tritt erst im Kombination mit einem ganzheitlichen Mobilisationstraining – das das Dehnen beinhaltet – ein. Denn dann lernt der Körper den vollständigen Bewegungsapparat zu nutzen, was auch die Leistung auf ein neues Level bringt.
Aufgrund der mangelnden wissenschaftlichen Datenbasis könnten Sportler also auch den Schluss ziehen, Dehnen sei nicht wichtig. Jedoch berichten dafür wiederum zu viele Sportler von der Steigerung ihres physischen und psychischen Wohlbefindens durch regelmäßiges Stretching.

Richtig dehnen
Nun stellt sich immer noch die Frage: Wie dehnt man richtig? Hierbei spielt die Dehntechnik eine wichtige Rolle, welche die empfohlene Dauer des Dehnens, die Anzahl an Wiederholungen sowie den Zeitpunkt, also vor oder nach dem Training, bestimmt.
Dehntechniken
Das statische und dynamische Dehnen bilden die bekanntesten Dehntechniken.
Dauer | Wiederholungen | Zeitpunkt | |
---|---|---|---|
Statisches Dehnen Gehaltenes Dehnen “Ausharren” in bestimmter Position. | 30 – 45 s | 2 – 3 x | – nach der Belastung – in Erwärmungsphase bei Sportarten, die hohe Flexibilität erfordern (z. B. Turnen) – beim isolierten Beweglichkeitstraining |
Dynamisches Dehnen Langsame Federbewegungen, die den Muskel abwechselnd dehnen und wieder lockern. | 2 s in Dehnstellung | 15 – 20 x | – in Erwärmungsphase vor einer Kraft- oder Ausdauereinheit sowie Ballsportarten |
Intermittierendes Dehnen Langsames Dehnen und Halten in der Endstellung, dann wiederholen in eine erweiterte Endstellung. | 15 – 20 s | 6 – 10 x | nach Belastung |
Postisometrisches Dehnen (CHRS-Methode) Drei Zyklen mit 1. maximaler Muskelanspannung 2. Entspannung 3. Dehnung | 10 x 3 x 30 s | 3 – 5 x | Anwendung v. a. in der Therapie |
Vermeidbare Dehnfehler
Ist die richtige Dehntechnik gewählt können aber auch hier noch Fehler in der Ausführung gemacht werden:
- Ein schmerzendes, jedoch erträgliches Spannungsgefühl ist beim Stretching unumgänglich. Der Wohlschmerz lässt aber schnell nach, die Dehnübung sollte bis dahin durchgezogen werden.
- Nicht übertreiben, denn zu starkes unnatürliches Überdehnen kann Muskelzerrungen oder ausgekugelte Gelenke verursachen.
- Dehnübungen müssen stets bedacht langsam und keinesfalls ruckartig durchgeführt werden.
- Die Dehnung kann durch gleichmäßiges bewusstes Atmen unterstützt werden, bloß nicht die Luft anhalten.
- In den Dehnpausen zwischen den Wiederholungen soll der Muskel tatsächlich entspannt werden, am besten durch kurzes Ausschütteln des betreffenden Muskels.
- Dehnen darf nicht unter Stress stattfinden, es muss die Bereitschaft bestehen kurz innezuhalten.
- Dehnübungen beim Warm-up ersetzen dieses nicht sondern ergänzen es nur.
- Bei akutem Muskelkater oder Verletzungen sollte auf das Stretching verzichtet werden.
Dehnübungen
Folgendes Equipment macht die Dehnübungen komfortabler und effektiver:
- Bequeme Gymnastikmatte oder eine Sitzmöglichkeit, je nach Dehnübung
- Hilfsmittel zur Intensivierung der Dehnung, z. B. ein Fitnessband, Trainings-/Gymnastikstab, Yoga-Rad
- Ggf. Möglichkeiten zum “Aushängen” wie Suspensionstrainer oder Sprossenwand

In den nachfolgenden Videos findest du Dehnübungen, die sich optimal für das Cool-Down eignen.